Jeder Tag wird Donner(s)Tag

Ein Test, der ganz besonders ist. Selbst für jemand, der schon viele Autos gefahren hat. Die Corvette Grand Sport Carbon 65 Edition.

Es ist immer wieder dieser Blick. Und die Tatsache, dass sich die Momente des Erkennens ewig in die Länge ziehen. Als stünde die Zeit still. Spaziergänger, die erst hinwegsehen über 1,24 Meter Autohöhe. Dann erkennen, was sie da fast übersehen haben. Langsam den Kopf drehen und gleichzeitig leicht den Mund öffnen. Erstaunter Gesichtsausdruck, anerkennendes Lächeln auto-affiner Menschen. Kaum ein Auto fährt in der normalen Geschwindigkeit an der geparkten Gewalt vorbei, du siehst Männer, die schnell wieder zu kleinen Jungs werden, und ihre Jungs hinter geschlossenen Scheiben das begeisterte „Boah!“ ausstoßen, kannst an den Lippen ablesen: „Corvette“. Ja, Corvette. Und was für eine.

Grand Sport. So heißt die Wiedergeburt dessen, was vor 55 Jahren aus der normalen Corvette entwickelt worden war, um auf der Rennstrecke Siegeslorbeer einheimsen zu können. Die Grand Sport Carbon 65 Edition ist das Sahnehäubchen auf der aktuellen Corvette-Produktion. 650 Autos gibt es weltweit. 120 finden den Weg nach Europa. Das Ding ist schon im Stand sauschnell. Steht da, wie aus dem ganz großen Block gefräst. Für die Grand Sport 65 Carbon Edition haben die Designer – und vor allem die Techniker – nichts ausgelassen, was nach Rennsport aussieht, riecht, schmeckt. Es steht ehrfurchtgebietende Gewalt vor dir. Allein das Carbon-Paket mit Schwellern, Spoilern, Carbon-Keramik-Bremsen und extraleichtem Hardtop kostet den Preis eines recht gut ausgestatteten Kompakten: 15,5 Riesen. Und jeder Kratzer in die schwarz schillernde Faser würde schmerzen, wie wenn du dich ins eigene Fleisch schneiden würdest. Fahrwerk und Kühlsystem sind aus dem Rennsport in die Grand Sport transplantiert. Maßgeschnitzt für die Leistung von 659 PS. Auf den Alus – 19 (!) Zoll vorne und 20 Zoll (!!) – warten Cup-Reifen von Michelin der Dimension 285/30 und 335/25 auf einen Einsatz, der im Regelfall mit einer schwarz-weiß karierten Flagge abgewunken werden sollte.

Wenn du dich über den breiten Schweller in den Alcantara-bespannten Rennsitz – logisch: Carbon-Schale – geschlängelt hast, umfasst dein schweißnasses Händchen ein trockenes Wildleder-Sportlenkrad. Du sitzt überraschend bequem, dein Blick pfeilt über die flach nach vorne fallende, wegen des üppigen V 8 gewölbte Haube auf die Straße, die du mit dem Hintern fast zu berühren glaubst. Startknopf gedrückt, der 6,2-Liter-Sauger schreit seine Umwelt an. Vier Fanfaren zum artgerechten Ausatmen und Herbstbaum-Entlauben. 466 Pferde sind bereit. Brabbeln, Röcheln, Ballern. Ja, jeder Tag wird Donner(s)tag.